Echt arg -Finanziert Brüssel Klagen gegen Bauern?
Verdeckte Einflussnahme im Namen des Umweltschutzes? Die EU-Kommission soll millionenschwere Verträge mit NGOs abgeschlossen haben, mit brisanten Folgen.
Die EU setzt offenbar Steuergelder in Millionenhöhe ein, um versteckte Lobbyarbeit von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu finanzieren. Das wurde unserer Schwesterzeitschrift LAND & FORST aus Kreisen der EVP (Europäische Volkspartei) zugetragen. Teil der Agenda der NGOs sei es unter anderem, Landwirte zu verklagen, heißt es. „Es gibt konkret zwei NGOs, die dadurch an Klagen gegenüber Landwirten und Unternehmen beteiligt waren“, berichtet Lena Düpont, Mitglied des EU-Parlaments. Die Rede ist von den NGOs „Client Earth“ und „Friends of the Earth“, die an Klagen gegen deutsche Kohlekraftwerke beteiligt waren. Klagen oder Landwirte konnte die EVP bisher nicht namentlich benennen.
Die „Welt am Sonntag“ berichtete Anfang Juni von offenbar geheimen Verträgen zwischen der EU-Kommission und NGOs aus 2022. Die EU-Generaldirektion Umwelt (DG ENV) habe NGOs mit EU-Mitteln unterstützt und sie zu spezifischer Lobbyarbeit verpflichtet. Auf diese Weise seien etwa Klimaaktivisten bezahlt und Klagen und Kampagnen auch gegen deutsche Unternehmen finanziell unterstützt worden. Beispielsweise soll Client Earth 2023 rund 350.000 Euro dafür erhalten haben, Kohlekraftwerke in Deutschland mit Gerichtsprozessen finanziell und rechtlich zu drangsalieren – alles, um die Öffentlichkeit von der Klimapolitik der EU zu überzeugen.
Client Earth kritisierte den Bericht der „Welt am Sonntag“. Er vermittle ein falsches Bild. Dadurch würde der Eindruck entstehen, dass nicht NGOs selbst, sondern die EU-Kommission darüber entscheide, welche Aktivitäten NGOs mit welchem Ziel verfolgen. Client Earth erhalte zwar Geld aus dem EU LIFE-Förderprogramm. 2023 belief sich die Summe tatsächlich auf 350.000 Euro. Die EU selbst schreibe jedoch keine Arbeitsprogramme oder Haltungen gegenüber bestimmten Themen vor. Bei den „geheimen Verträgen“ handele es sich vielmehr um Fördervereinbarungen, die es der EU ermöglicht, Geld an NGOs auszuzahlen. Diese seien für gewöhnlich auch nicht öffentlich, erklärt Client Earth Deutschland.
Auch die EU-Kommission wies den Bericht der „Welt am Sonntag“ zurück: Es gebe keine geheimen Absprachen. Die EU-Kommission sei „sehr transparent“, wenn es um die finanzielle Unterstützung von NGOs gehe, betonte ein Sprecher.
Fakt ist: Die EU unterstützt NGOs mit hohen Summen – doch was diese Organisationen mit dem Geld machen, ist nicht klar. Die Aktivitäten der NGOs als Lobby- und Interessenvertretung werden nicht offengelegt und die Informationen zur Förderung sind bruchstückhaft und unzuverlässig, erklärt der Europäische Rechnungshof in einem Sonderbericht. Die EU-Kommission überprüfe die NGOs offenbar nicht, weder was das Einhalten der Werte der EU angehe noch, wer hinter einer NGO stecke.
Trotz Verbesserungen seit der letzten Prüfung ergebe sich weiterhin nur ein unscharfes Bild, welche Summen an NGOs fließen, da die Informationen über die EU-Mittel – auch die für Lobbying – weder zuverlässig noch transparent seien, so die Rechnungsprüfer.
Laut Rechnungshof hat die Kommission erst nach Beginn der Prüfung eine Anweisung herausgegeben, wonach die Empfänger von EU-Mitteln in den Zuschussvereinbarungen nicht dazu verpflichtet werden dürften, Lobbying gegenüber EU-Institutionen zu betreiben.
Konkret erhielten NGOs zwischen 2021 und 2023 rund 7,4 Mrd. € – rund 4,8 Mrd. € aus den EU-Kassen und rund 2,6 Mrd. € von Mitgliedstaaten. Allerdings könne dies nicht mit Sicherheit angenommen werden, weil es keinen zuverlässigen Überblick über die EU-Mittel gebe, die an NGOs geflossen sind, betont der Rechnungshof. Es sei daher nicht vollständig klar, welche Rolle NGOs in der EU-Politik spielen. von Madeline Düwert