Nach dem Anteile-Rückkauf aus der krisengeschüttelten BayWa will die RWA wieder aus dem Schatten des bayrischen Konzerns heraustreten. Was die „Kraft fürs Land“ vorhat, erklärten die Vorstandschefs.
In den letzten Monaten drehte sich alles nur um die Krise der BayWa, begann der RWA-Vorstandsvorsitzende Johannes Schuster seine Ausführungen bei einem Pressegespräch in Korneuburg. Schuster betonte, dass die Rückführung der RWA-Anteile aus der BayWa nach Österreich ein entscheidender Schritt für die Eigenständigkeit und Stabilität des Unternehmens war.
Die Rückkaufsumme betrug laut Schuster 176 Mio. €. Davon seien 150 Mio. € liquiditätswirksam, 20 Mio. € würden über einen Kredit gegengerechnet. Schuster betonte, dass die RWA dabei eine große Unterstützung aus der Großfamilie Raiffeisen gehabt hätte. „Ohne diese wäre der Rückkauf nicht möglich gewesen.“ Die langjährige strategische Allianz mit der BayWa ist damit beendet, und die RWA befindet sich wieder zu 100 % im genossenschaftlichen Eigentum der österreichischen Bäuerinnen und Bauern. Diese Maßnahme ermögliche es der RWA, sich künftig wieder konsequent auf den Kernauftrag und die Unterstützung der österreichischen Landwirtschaft sowie des ländlichen Raums zu fokussieren. Nun gelte es, die Hausaufgaben zu machen und das Unternehmen zukunftsorientiert, wettbewerbsfähig und effizient am Markt auszurichten.
Die Krise der BayWa geht klarerweise auch an der RWA nicht spurlos vorüber. Schuster rechnet für heuer mit einem Umsatzrückgang von 4 bis 5 %. Im letzten Jahr erzielte man laut dem Vorstandsvorsitzenden noch einen Umsatz von 3,5 Mrd. € im Gesamtunternehmen. Und der fremdfinanzierte Rückkauf der RWA-Anteile bei der BayWa schlage sich auch im Betriebsergebnis nieder. „Normal liegt dieses bei 30 Mio. €, heuer sind wir froh, wenn wir 20 Mio. € erzielen“, meinte Schuster.
Schuster unterstrich, dass trotz struktureller Veränderungen und punktueller Standortschließungen weiterhin eine flächendeckende Präsenz gewährleistet bleibe. Die RWA investiert laufend in die Modernisierung der Infrastruktur und in zentrale Bereiche wie Agrar, Technik
, Energie, Haus und Garten sowie Baustoffe. Er sieht die RWA als unverzichtbaren Partner für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum – mit einer klaren, langfristigen Ausrichtung im Sinne der Mitglieder und des Verbunds. Schuster: „Es gibt nach wie vor über 1.000 Standorte der Lagerhaus-Genossenschaft in Österreich, d.h. in jeder zweiten Gemeinde gibt es noch ein Lagerhaus. In den letzten 20 Jahren sind die Lagerhausstandorte nur um 5 % zurückgegangen.“ Wenn es an einigen Standorten zu Schließungen komme, dann aus wirtschaftlichen Gründen.
Christoph Metzker, Vorstandsdirektor der RWA, stellte die Schwerpunkte und aktuelle Entwicklungen im Unternehmen vor. Die RWA positioniere sich als unverzichtbarer Versorger, Großhändler und Dienstleister für die österreichischen Lagerhäuser und den ländlichen Raum. „Lagerhaus beschäftigt österreichweit rund 13.000 Mitarbeitende und gilt damit als größter Arbeitgeber in ländlichen Regionen. Besonderen Fokus legt die RWA im Verbund auf die starke regionale Verwurzelung, Synergieeffekte im Verbund und intensive Förderung von Nachwuchskräften in über 25 Berufsgruppen“, meinte Metzker.
Angesichts der Ukraine-Krise habe die RWA ihre Beschaffungsquellen für Betriebsmittel wie Dünger diversifiziert, da die Produktion und Logistik in der Ukraine durch den Krieg stark beeinträchtigt seien. „Die Versorgung der heimischen Landwirtschaft steht im Fokus, wobei die RWA den größten Teil ihres Geschäfts mit einem Radius von Tagesfahrten zum Standort Korneuburg abdeckt und dabei auf stabile und etablierte Märkte setzt“, fuhr Metzker fort.
Somit bleibe die Rolle der Ukraine für die RWA im Getreidehandel aktuell begrenzt und konzentriere sich vor allem auf kleinere Saatgutprojekte mit unmittelbarem Bezug zur landwirtschaftlichen Versorgung vor Ort, während der Handel und die Vermarktung in anderen zentral- und osteuropäischen Ländern stärker ausgeprägt sind.
Im Bereich Energie setze die RWA gezielt auf nachhaltige Lösungen wie Photovoltaik und Agrar-PV-Konzepte. Digitalisierung und Innovation prägen das Unternehmen, etwa durch das Agro Innovation Lab, digitale Services für Landwirte und fortschrittliche Logistiksysteme. Metzker betonte: „Wir vereinen regionale Bodenständigkeit mit internationaler Innovationsorientierung und sind ein starker Partner für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung.“
Die Frage nach dem Nachfragerückgang nach John Deere-Traktoren in jüngster Zeit erklärte Christoph Metzker wie folgt: Der Markt für Traktoren sei im vergangenen Jahr grundsätzlich deutlich eingebrochen und stehe auch heuer massiv unter Druck, mit einem Rückgang der Zulassungen um etwa 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „In einzelnen Bundesländern wie Vorarlberg beträgt das Minus sogar 45 %“, so der RWA-Vorstandsdirektor. Er hob hervor, dass John Deere beim Traktor Weltmarktführer und Innovationsführer sei, allerdings aufgrund der globalen Strategie vor allem auf Großmaschinen und Traktoren über 150 PS setze. „Das Standardtraktorensegment zwischen 100 und 150 PS wurde durch John Deere strategisch weniger bedient, weshalb in den letzten Jahren nicht immer alle gewünschten Modelle verfügbar waren“, erklärte Metzker.
Weiters meinte der Vorstandsdirektor, dass John Deere im Gegensatz zu anderen Herstellern weniger auf Rabatte und Preisdruck setzt, sondern auf Qualität, Innovation und Markenimage. Dies sei angesichts der aktuellen Marktlage oft nicht förderlich, da Landwirte verstärkt auf Preise achten würden. Bei RWA seien daraufhin organisatorische Maßnahmen eingeleitet worden, etwa eine Neustrukturierung des Lagerhaus TechnikCenters, um effizienter zu werden und die Anforderungen sowohl des Marktes als auch von John Deere optimal zu erfüllen; dabei erfolge ein gezielter Personalabbau durch Automatisierung und eine stärkere Einbindung der Lagerhäuser in Vertrieb und Service. von Torsten Altmann