Warnung vor Laborfleisch: Totschnig fordert genau Kennzeichnung

In der Schweiz hat ein israelisches Start-Up einen Antrag auf Zulassung von Laborfleisch gestellt. Österreich warnt vor Gefahren.

Bisher war Laborfleisch weit weg von Europa. Das kann sich nun ändern. Möglicherweise wird das Kunstfleisch es bald auch in Europa zugelassen. Der erste Antrag für in-vitro-Fleisch ist in der Schweiz gestellt.

Österreichs Agrarminister Norbert Totschnig warnt vor einer Abhängigkeit einer internationalen Lebensmittelindustrie, „wo Großkonzerne bestimmen, was auf den Teller kommt.“

Große Investoren am globalen Lebensmittelmarkt investieren bereits Milliarden in Start-Ups und Forschungen in die Entwicklung künstlicher Lebensmittel aus dem Labor. Damit die Lebensmittelproduktion nicht in die Hände weniger internationaler Konzerne gerät, bedarf es aus Sicht von Totschnig einer faktenbasierten und umfassenden Folgenabschätzung zu Laborfleisch auf EU-Ebene.

Das israelische Start-up Aleph Farms hat am Donnerstag (27.7.) beim Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) einen Antrag zur Zulassung von kultiviertem Fleisch eingereicht. Das Produkt mit der Bezeichnung Aleph Cuts soll gemeinsam mit dem Schweizer Handelsunternehmen Migros vermarktet werden. Der Vertrieb und die Vermarktung sollen über die Gastronomie erfolgen.

Noch in diesem Jahr will Aleph Farms auch in Singapur und Israel mit seinem Kunstfleisch an den Markt gehen, allerdings nur „in begrenzten Mengen und mit ausgewählten Partnern“. Das Unternehmen arbeitet nach eigenen Angaben in ähnlicher Weise mit den Aufsichtsbehörden in zahlreichen Märkten auf der ganzen Welt zusammen, um für die Einführung seines neuen Produkts die Einhaltung der jeweiligen Sicherheitsanforderungen zu gewährleisten.

Künstliche Zellen aus dem Labor sind längst keine Science-Fiction mehr. Seit Ende 2020 wird in Singapur hühnerähnliches Laborfleisch angeboten, auch in den USA gibt es bereits Zulassungen für künstlich im Labor gezüchtetes Fleisch. 

Erste Studien der Universität Oxford weißen darauf hin, dass die Produktion von Laborfleisch klimaschädlicher ist, als natürliches Fleisch. 

Auch eine kürzlich publizierte Studie der Universität von Kalifornien in Davis bestätigt, dass der Energiebedarf von Laborfleisch bis zu 25-mal so viel CO2-Äquivalente pro Kilogramm Fleisch freisetzt wie Produkte aus der Tierhaltung.

Sehr bedenklich ist, dass für die Produktion von Laborfleisch auch Blut aus dem Herzen von lebendigen Kälberföten benötigt wird. Nach der Entnahme sterben Fötus und Mutterkuh. An Alternativen zum Herzblut von Kälberföten arbeitet die Industrie noch.

Darüber hinaus leisten Nutztiere einen „bedeutenden Beitrag“ zum Erhalt unserer Kulturlandschaft und der Artenvielfalt, insbesondere in Berggebieten. Ohne sie würde es nach Ansicht Totschnigs zu rapiden Änderungen der Artenvielfalt und einem Stopp der Kreislaufwirtschaft kommen.

Konsumentinnen und Konsumenten müssen eindeutig erkennen, ob das Produkt aus dem Labor stammt oder es sich um natürliches Fleisch handelt, fordert Österreichs Agrarminister. So wie nur Milch von gemolkenen Tieren Milch heißen darf, soll der Begriff Fleisch nur für natürlich gewachsenes Fleisch verwendet werden. Das muss bereits vor einer möglichen Markteinführung in der EU geregelt werden. Dafür will sich Totschnig in einer Allianz auf EU-Ebene für Transparenz und Nachvollziehbarkeit kämpfen. „Es bedarf einer klaren Kennzeichnung, irreführenden Bezeichnungen muss konsequent entgegengetreten werden,“ so der ÖVP-Minister.

Österreichs Landwirtschaft ist vergleichsweise kleinstrukturiert, familiengeführt und produziert in der Region für die Region. Im Schnitt haben Österreichs Betriebe 24 Hektar. Insgesamt gibt es in Österreich rund 98.000 tierhaltende Betriebe mit einer durchschnittlichen Anzahl von 35 Rindern oder 138 Schweinen pro Betrieb.