„Wie Selbstmord mit Anlauf“

Zu den jüngsten Berichten über die vermeintliche Missachtung von gesetzlichen Vorschriften in einem Geflügelschlachthof hat sich Josef Kaltenegger, Unternehmer in der Lebensmittelbranche in Graz seine Gedanken gemacht. Kaltenegger war übrigens auch vor Jahren Chefredakteur von „Neues Land“, der Wochenzeitung des Steirischen Bauernbundes. Hier sein Gastkommentar:

„Aus aktuellem Anlass zu den Berichten über die „angeblich verstörenden Zustände bei der Geflügelschlachtung in einem Schlachthof: Wenn Meldungen wie diese im Standard- die Tierhaltung betreffend – weiter so die Massen-Medien dominieren, ist das so, wie wenn man Selbstmord mit Anlauf macht! Die Branche (Landwirtschaft und Verarbeitungsindustrie) versagt in diesen Fragen offensichtlich gnadenlos!! Man hat den Eindruck, dass zu viele handelnde Akteure meinen, man könne diese Ereignisse und die Berichterstattung dazu aussitzen! Aus meiner Sicht kann man gar nichts aussitzen, weil es heute ein Mediensystem gibt, welches nicht steuerbar ist.

Diese Berichte über fragwürdige Formen der Tierhaltung werden – insbesondere den Schweine- wie auch den Geflügelbauern – bei uns das ökonomische Genick brechen, wenn man sich nicht zu einem dramatischen Paradigmenwechsel bei vielen Fragen zur Tierhaltung wie zur Landbewirtschaftung durchringt! Das betrifft die Haltungsformen, die Art der Schlachtung und damit insgesamt, wie man mit dem Tier umgeht. Wer hier Möglichkeiten für Kritik offen lässt, dem ist nicht zu helfen!

Es gilt zudem: Wenn die Politik wie die Standesvertretung nicht sofort den Mut und den Willen aufbringen, bei den Importen von Lebensmitteln rigorose Kontrollen einzuführen und eine komplette Gleichstellung bei der Produktion von importierten Lebensmitteln erzwingen, dann Gute Nacht heimische Bauern. So werden das unsere Tierhalter ökonomisch nicht überleben. Es sollten daher dringendst alle entscheidenden Köpfe einmal ohne Scheuklappen und ohne Ausreden oder „Alibierklärungen“ diese Debatte – zuerst intern – führen und dann solche Entscheidungen/Vorgaben auf den Tisch legen (selbst wenn sie dem einen oder anderen nicht passen oder weh tun), die diesem Wahnsinn ein Ende setzen.

Die Bauernvertretung muss konkret sagen, was es für die Produzenten braucht, damit sie ökonomisch Perspektiven haben. Neben dem Thema Importwaren und gleiche Produktionsbedingungen gehört zum Paradigmenwechsel, dass es z.B. einen neuen Weg bei der Verrechnung braucht. Jeder Unternehmer hat bei einer Rechnungslegung alle Kosten in seiner Rechnung drinnen, dazu einen Gewinnanteil. Dann funktioniert das Unternehmen. Bei den Bauern ist es in der Regel so, dass sie das bekommen, was übrigbleibt. So kann das nicht funktionieren.

In Zeiten, wo die Versorgungssicherheit ein zentrales Thema ist, muss es eine staatliche Verpflichtung geben, die regionale Landwirtschaft zu stärken. Daher braucht es Spielregeln, die gesetzlich bindend sind und die Austauschbarkeit nicht ermöglichen. Das stärkt nicht nur die Souveränität des Staates, sondern auch die regionalen Volkswirtschaften. Ein Staat hat nicht globalen Konzernen oder geostrategischen Interessen von Staaten zu dienen, sondern in erster Linie den Bürgern und den Berufsgruppen im eigenen Land.

von Torsten Altmann