Ein Kommentar von Dr. Willi Kremer-Schillings, bekannt als Bauer Willi:

Ende Oktober hat die EU-Kommission eine Einigung zur GAP präsentiert. Erfreut über die Ergebnisse zeigte sich unsere Agrarministerin Elisabeth Köstinger: „Damit ist der bisherige österreichische Weg und unser Agrarmodell gesichert.“

Doch können Bauern wirklich zufrieden sein? Wohl kaum. In ganz Europa stellten viele von ihnen in jüngster Vergangenheit grüne Kreuze auf ihre Flächen – als stillen Protest. Was hat die Landwirte dazu gebracht?

Es ist die blanke Angst. Angst um die Zukunft ihrer Betriebe und ihrer Familien. Und es ist immer noch die Angst, bei den immer neuen Pakten, Deals und Strategien nicht mehr mitzukommen und schließlich den Betrieb aufgeben zu müssen. Deshalb bedarf es eines neuen Aufbruchs.

Wir brauchen im wahren Sinne des Wortes eine Agrarwende! Eine Agrarwende hin zu einer Politik der Realitäten – weg von den theoretischen Fantasien urbaner Eliten. Es gibt einige Gruppierungen, die sich für etwas Besseres halten und ihre Meinung gerne zur gesellschaftlichen Meinung erklären möchten. Dafür haben sie aber keine Legitimation.

Ein Grundprinzip, dass uns Landwirte leitet: Wir können alles. Wir können Nahrungsmittel, wir können Natur-, Arten- und Klimaschutz. Wir können Tierwohl, können Hühner-Mobilställe und Ziegenkäse. Wir können auch 100% Bio. Wir können alles: Wenn die Gesellschaft es will und wenn sie es bezahlt. Wir wollen eine Entlohnung für eine erbrachte Leistung. So wie jeder Handwerker eine Rechnung für seine Leistung schreibt, so stellen wir auch eine Rechnung für unsere Leistung.

Wir wollen nichts geschenkt haben, wollen aber auch nichts verschenken. Wir können öffentliche Leistungen erbringen, wollen aber dafür fair entlohnt werden. Darüber hinaus erwarte ich, dass die vielen Zielkonflikte öffentlich gemacht, benannt und gelöst werden. Hier nur eine kleine Auswahl:

    Will die Bevölkerung Außenklimaställe für noch tiergerechtere Haltungsformen? Dann brauchen wir zeitnah die Baugenehmigungen und das Verständnis der Menschen, wenn es dann stinkt.

    Wenn Anbindehaltung nicht mehr gewollt ist, dann muss den vielen kleinen Betrieben im Alpenvorland und den Mittelgebirgen erklärt werden, was dann aus ihnen wird. Sie erwarten Antworten.

    Viele Menschen wollen Weidehaltung und gleichzeitig eine ungehemmte Wolfsausbreitung. Dann muss Tierhaltern erklärt werden, wie sie noch ruhig schlafen sollen.

    Gewünscht wird eine vielfältige Fruchtfolge, gleichzeitig werden aber ständig Wirkstoffe verboten. So wird jede Ackerbaustrategie zur Farce.

    Für Klimaschutz und konservierende Bodenbearbeitung brauchen wir Glyphosat. Auch wenn vielen das nicht gefällt.

    „Mehr Bio“ ist die neue Formel. Doch der Markt nimmt mehr Bio nicht auf und so fallen dort auch die Erzeuger-Erlöse. Soll diese Nische jetzt auch noch kaputtreguliert werden?

    Alle reden von regional einkaufen, im Einkaufswagen landen dann aber Gewürzgurken aus Indien. Wer fragt denn hier nach den Standards?

Für diese und weitere Zielkonflikte erwarte ich konkrete Antworten und keine blumigen Umschreibungen oder vagen Andeutungen. Was ich auch erwarte, ist eine Folgenabschätzung, was mögliche Maßnahmen angeht. Mit Abwarten, Hinhalten und Aussitzen muss jetzt Schluss sein. Wegducken geht nicht mehr.