Wir brauchen eine öffentliche Suchmaschine

Wer etwas wissen will, fragt oft eine Suchmaschine. Die Ergebnisse sind aber nach Kriterien vorsortiert, die für Bürger intransparent sind und hinter denen meistens kommerzielle oder politische Interessen stehen, kritisiert der Philosoph Michael Andrick.

Heute sind einige wenige Großunternehmen aus der Technologie- und Internetbranche die wichtigsten Verlage der Welt geworden. Ihre Stellung ist mittlerweile der von Kirche und Adel im mittelalterlichen Europa vergleichbar. Sie entscheiden maßgeblich darüber mit, welche Themen und Personen im öffentlichen Bewusstsein eine zentrale, eine nebengeordnete oder auch fast gar keine Rolle spielen: Je nachdem wie weit oben in der Ergebnisliste ein Begriff bei Internetsuchen auftaucht.

Aber nicht nur in Suchmaschinenergebnissen, auch in den sozialen Netzwerken können manche Personen und Themen ungehindert vorkommen, während andere teilweise oder auch ganz zensiert werden. Das wies gerade ein überwiegend israelisches Autorenkollektiv in seiner Studie „Zensur und Unterdrückung von Covid-19 Heterodoxie“ in der wissenschaftlichen Zeitschrift Minerva (Springer Science) detailliert nach:

„Medien (…) und insbesondere IT-Konzerne“ haben ihrer Forschung zufolge eine zentrale Rolle dabei gespielt, die Äußerungen von Wissenschaftlern „welche die offizielle Position von Regierungen und zwischenstaatlichen Akteuren (zu Covid-19) in Frage stellen“ zu unterdrücken.

Zwar taucht hin und wieder unter den Großfürsten des Digitalkapitals eine Reformatorenfigur auf – wie gerade Elon Musk bei Twitter, der seinen Jüngern (frei nach Luther gesprochen) den Ausgang aus der babylonischen Gefangenschaft eines zensierten Diskursraums verspricht.

Elon Musk auf dem Display eines Smartphones, daneben das Twitterlogo.

Aber auch Musk ist jetzt ganz einfach der Besitzer dieses Plattformunternehmens und hat deshalb ebenfalls die Versuchung und Möglichkeit, intransparent Einfluss zu nehmen. Der König ist tot, es lebe der König; nur ist auch der neue ein Autokrat.

Dort wollen zahlungskräftige Reklamekunden durch geschickte Werbung möglichst viel Geld verdienen, während politische Akteure am liebsten all das entfernt sehen möchten, was sie eigenmächtig als „Desinformation“ brandmarken – und was natürlich niemals die Inhalte und Positionen sind, die sie selbst vertreten.

Online-Suchmaschinen sind heute ein Teil der unerlässlichen Infrastruktur. Die Internetsuche ist Teil der Daseinsvorsorge wie das Wasserleitungsnetz, aber sie wird von privaten Eigentümern mit Profitinteresse betrieben. Profitstreben beim Wasser vermindert erfahrungsgemäß die Wasserqualität.

Auch bei Internetsuchen ist Gewinnorientierung von Nachteil für den Bürger: Zum Einen erhält er dann Ergebnisse, deren Auswahlkriterien ihm nicht offengelegt werden. Außerdem wird sein Suchverhalten individuell ausgewertet. Das produziert Informationen, die in den falschen Händen auch für Meinungsmanipulation genutzt werden können.