Nicht mehr mehr real -Bauern schuften, andere kassieren – Studie zeigt Preis-Ungleichheit

Weder Preisdeckel noch Mehrwertsteuersenkungen oder populistische Schuldzuweisungen können laut Wifo Preisprobleme lösen. Besser wären mehr Transparenz, faire Marktbedingungen und ein stärkeres Bewusstsein für regionale Wertschöpfung.

Wien – Die Debatte um Lebensmittelpreise in Österreich reißt nicht ab. Oftmals verläuft diese laut, emotional und faktenfern. Für mehr Klarheit sorgt nun eine neue Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). Beginnend mit dem Jahr 2022 trugen die rasant gestiegenen Preise für Lebensmittel maßgeblich zur hohen Inflation bei.

Gleichzeitig zeigt sich, dass der Einfluss der Agrarrohstoffe an den Preisänderungen tendenziell abnimmt. Laut Wifo reicht der Verweis auf die Rohstoffpreise nicht aus, um den Preisanstieg von Gütern im Lebensmittelhandel zu begründen. Der Anteil der Bauern am Endpreis liegt laut Wifo meist unter 10 % – bei Brot sogar nur bei rund 5 %. Hingegen hat der Anteil von Transportkosten und Löhnen in diesem Zeitraum zugenommen.

schaft gerade einmal 18 Cent netto oder 5,4 % des durchschnittlichen Endverbraucherpreises von 3,40 €, rechnete LK-Steiermark-Präsident Andreas Steinegger bezugnehmend auf die Wifo-Studie vor. Um Preistreiber zu ermitteln, fordert die Landwirtschaftskammer volle Transparenz in der gesamten Wertschöpfungskette. Vorstellbar wäre ein Preismonitoring nach französischem Vorbild. Ebenso wichtig sind Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie, faire Vertragsbedingungen mit dem Handel und die konsequente Umsetzung nachhaltiger Beschaffungsrichtlinien im öffentlichen Bereich.

„Die Landwirtschaft steht am Anfang der Wertschöpfungskette – aber am Ende der Gewinnverteilung im Lebensmittelsektor“, ergänzte dazu LK-OÖ-Präsident Franz Waldenberger im Rahmen einer Pressekonferenz. Laut Wifo-Ökonom Franz Sinabell blendet die Diskussion um „zu teure Lebensmittel“ aus, dass hochwertige, sichere und regionale Produkte ihren Preis haben müssen. Österreich liegt bei Lebensmittelpreisen im europäischen Mittelfeld, bietet aber überdurchschnittliche Qualität, hohe Standards und einen großen Bioanteil. Mit einem Anteil von nur rund 10 % ihrer Haushaltsausgaben für Lebensmittel zählen Österreicher zu den am wenigsten belasteten Konsumenten in der EU.

Mehr als 90 % der Wertschöpfung erfolgen im nachgelagerten Bereich. Während dort Gewinne erwirtschaftet werden, können Landwirte steigende Produktionskosten kaum weitergeben. Dieses strukturelle Ungleichgewicht gefährdet langfristig die Versorgungssicherheit.

„Die Versorgungssicherheit beginnt am Feld, und sie endet dort, wo der Bauer aufgeben muss, weil sich die Arbeit nicht mehr lohnt“, warnte Waldenberger. Die Position der Landwirte in der Wertschöpfungskette zu stärken, ist zwar ein erklärtes Ziel der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Mit einer möglichen Kürzung des künftigen Agrarbudgets würde diesem Ziel ein „Bärendienst“ an den heimischen Lebensmittelproduzenten erwiesen.

Als zentraler Akteur trägt auch der Lebensmitteleinzelhandel Verantwortung gegenüber den Lebensmittelproduzenten. Das Versprechen von Rewe-Chef Marcel Haraszti in der ORF-2-Sendung „Das Gespräch“, dass bei niedrigen Weltmarktpreisen auch die Preise für Fleisch, Obst und Gemüse sowie Milchprodukte in den Märkten fallen, ließ zuletzt aufhorchen.

Verdeutlicht wird das einmal mehr am Beispiel des Milchmarktes. So ist beispielsweise nach einer relativ stabilen Entwicklung über die Sommermonate der Milchpreis wieder unter Druck geraten. Weil sich die Molkereien auf die Marktlage preislich einstellen müssen, wird die Lage letztlich auch für die Bauern schwieriger. Heimische Milchverarbeiter reagierten bereits mit Abschlägen von bis zu 3 Cent pro Kilogramm. Mittelfristig ist aber noch keine Trendwende zu erwarten.

Niedrigere Milchpreise schwächen die Kaufkraft der Bäuerinnen und Bauern. Auf den Betrieben wird deshalb weniger in den Hof oder in Maschinen und Geräte investiert. Darauf machte der Obmann des Unabhängigen Bauernverbands (UBV), Karl Keplinger, aufmerksam und wies gegenüber dem Wochenblatt darauf hin, dass sich die Verbraucher bei ihrem Einkauf von Butter oder Milch nur nur geringe Eurobeträge im Monat sparen. Es fehle an der Verhältnismäßigkeit, vergleicht man den niedrigen Preis für ein Stück Butter mit jenem einer Packung Zigaretten. Kürzungen der Ausgleichszahlungen sowie weitere Handelsabkommen mit Drittstaaten würden den Ruin der heimischen Landwirtschaft, so wie wir sie kennen, bedeuten, ist sich der UBV-Obmann sicher. von Artur Riegler