Für viele gehört Allerheiligen fest zum Jahreslauf – ein stiller Feiertag mit Kerzen, Friedhofsbesuchen und Gebeten. Doch warum begehen wir ihn eigentlich? Und was hat es mit den „Heiligen“ auf sich, an die dieser Tag erinnert?
Eine Antwort gibt die Bibel: Apostel Paulus hat Briefe geschrieben an „die Heiligen in Korinth“, oder die in Philippi und anderswo. Er schrieb diese Briefe an lebendige Menschen. Er schrieb an Mitchristen, denen er manchmal kräftig „die Leviten lesen“ musste, nannte diese „Heilige“, weil sie durch ihren Glauben zu Christus gehörten. „Durch deine Liebe sind die Heiligen ermutigt worden“, schreibt Paulus an den Philemon. Die bereits ins ewige Leben Hinübergegangenen hätten diese Ermutigung nicht mehr nötig gehabt.
Im „Apostolischen Glaubensbekenntnis“ (das im evangelischen Gesangbuch ebenso steht, wie im katholischen Gotteslob) sprechen wir von der „Gemeinschaft der Heiligen.“ Damit meinen wir alle gläubigen Getauften, die jetzt Lebenden ebenso wie die längst Verstorbenen. Siebilden eine Gemeinschaft über die Grenze des Todes hinweg, verbunden durch das Bekenntnis zu Jesus Christus. Dieses Zusammengehören schließt ein, dass wir uns im Beten füreinander an Gott wenden können.
An Allerheiligen gedenken wir all jener, die schon vor uns als Glaubende gelebt haben und von denen wir deshalb annehmen dürfen, dass sie am ewigen Ziel bei Gott angekommen sind. Bei dem Wort „Heilige“ vermuten einige Leute etwas weltfremde oder radikale Sonderlinge, die aus dem „normalen Leben“ ausgestiegen sind–das hat mit dem Heilig-Sein nichts zu tun. Heiligesind all jene, dienach ihren Kräften verwirklichen, wozu sie sich im Glauben bekennen, ob nun lebend oder bereits verstorben;sie fallen auf durch ihre Güte und Geduld, durch ihren sozialen oder kirchlichen Einsatz und würden sich bestimmt nicht als Heilige bezeichnen.
Doch wir brauchen das Leben von Heiligen nicht kopieren und können es auch nicht. Wir dürfen und sollen unseren eigenen Weg zu Gott gehen.
Eine Erzählung der Chassidim (der frommen osteuropäischen Juden des 18./19. Jahrhunderts) mag uns dazu eine Ermutigung sein: Der Rabbi Sussja von Hanipol sagte: „In der kommenden Welt wird man mich nicht fragen: Warum bist du nicht Mose gewesen? Oder: Warum bist du nicht Elija gewesen? Man wird mich fragen: Warum bist du nicht Sussja gewesen?“ Als die Menschen, die wir sind, hat Gott uns gerufen, dass wir den Weg zum ewigen Glück bei ihm gehen.
An Allerheiligen schließt sich der Allerseelentag an und oft werden beide miteinander verquickt: Da gehen wir an die Gräber unserer Angehörigen. Wir bitten Gott für jene, die bei ihrem Tod noch nicht für Glück des Himmels bereit gewesen sind, dass auch sie bald bei ihm ankommen dürfen. von Josef Dotzier