Bauern laufen Sturm gegen staatliche Eingriffe bei Lebensmittelpreisen

Nach dem Vorstoß des Finanzministers, wegen der hohen Inflation direkt in die Lebensmittelpreise einzugreifen, laufen bäuerliche Organisationen Sturm dagegen. Sie warnen vor dramatischen Folgen.

Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) hat sich für Eingriffe bei den Lebensmittelpreisen ausgesprochen. Grund dafür ist die nach wie vor hohe Inflation in Österreich, diese lag im Juli bei 3,5 %. Aus Sicht des Finanzministers bedarf es deshalb zusätzlicher Maßnahmen, um die Teuerung wieder in den Griff zu bekommen. Und wo will er eingreifen? Bei den Lebensmittelpreisen. Denn hier lag die Teuerung mit 4,4 % deutlich über dem Gesamtschnitt, Tendenz weiter steigend. Aber eine Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel schließt Marterbauer aus. Der Finanzminister verwies auf das Beispiel Spanien, dass mit Eingriffen bei Nahrungsmittelpreisen die Teuerungskrise am erfolgreichsten bewältigt hätte.

Laut Medien verwies der Finanzminister darauf, dass es Hinweise von der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) gebe, dass vor allem bei den Großhandelspreisen „etwas faul“ sei. Hier gebe es den Verdacht, dass internationale Konzerne territoriale Lieferbeschränkungen hätten, also kleine Länder gegenüber großen benachteiligt würden. Marterbauer verwies auf Preisunterschiede von bis zu 20 % zwischen Deutschland und Österreich. Hier müsse auf EU-Ebene der Binnenmarkt gestärkt werden.

Auf energischen Widerstand stößt der Vorstoß Marterbauers bei bäuerlichen Interssenvertretern. BB-Präsident Georg Strasser spricht sich klar gegen pauschale Preiseingriffe aus: „Unsere Bäuerinnen und Bauern sind keine Preistreiber, sondern selbst Leidtragende der Teuerung. Wer an der Preisschraube dreht, ohne auf die realen Kosten zu schauen, gefährdet die Versorgungssicherheit im Land.“

Internationale Beispiele wie Ungarn zeigen, dass Preisobergrenzen bei Grundnahrungsmitteln nicht nur zur Angebotsverknappung führen, sondern auch Einkaufstourismus befeuern und mittelfristig den gesamten Warenkorb verteuern.

Auch Spanien konnte mit der befristeten Mehrwertsteuersenkung auf Basislebensmittel lediglich einen kurzfristigen Preiseffekt erzielen, heißt es weiter. Bereits wenige Monate später seien die Preise erneut gestiegen. „Künstliche Preiseingriffe verzerren den Markt, gefährden Verfügbarkeit und setzen heimische Lebensmittel unter Druck. Sie schaden am Ende allen: den Bäuerinnen und Bauern, den Regionen und den Konsumenten“, so Strasser.

Die Landwirtschaft kämpfe mit stark gestiegenen Kosten bei Energie, Betriebsmitteln und Futtermitteln. Ob Fleisch, Milch oder Getreide, überall seien die Erzeugungspreise massiv gestiegen. „Die Teuerung trifft damit auch unsere bäuerlichen Familienbetriebe unmittelbar. Wer jetzt pauschal in Preise eingreift, ohne die Produktionsrealität zu kennen, gefährdet die Zukunft unserer landwirtschaftlichen Betriebe“, warnt Strasser.

Mit großer Besorgnis reagiert auch die Agrar-Gemeinschaft Österreich (AGÖ) auf die Ankündigung des Finanzministers. „Eine solche Maßnahme würde tief in marktwirtschaftliche Strukturen eingreifen und hätte fatale Folgen für die heimische Landwirtschaft und die Versorgungssicherheit Österreichs“, erklärt die neue Sprecherin der AGÖ Sonja Bugnics. „Während man jahrelang zugesehen hat, wie sich Energiepreise – auch durch staatliche Abgaben – zum Inflationsmotor entwickelt haben, wird jetzt ausgerechnet dort angesetzt, wo die Folgen dieser Politik am stärksten spürbar sind: bei den Bäuerinnen und Bauern. Die Konsequenz wäre das endgültige Aus für viele Familienbetriebe“, kritisiert die AGÖ.

Die AGÖ erinnert daran, dass während der Energiekrise milliardenschwere Gewinne bei staatsnahen Konzernen erzielt wurden – während bäuerliche Betriebe mit explodierenden Kosten und fehlender Unterstützung alleingelassen wurden. „Wenn die Politik wegsieht, wenn Konzerne Milliarden abschöpfen, aber gleichzeitig den Bauern die Preise deckeln will, ist das ein Schlag ins Gesicht jeder regionalen Produktion“, so die AGÖ.

Die Standards, unter denen in Österreich Landwirtschaft betrieben wird, zählen laut AGÖ zu den strengsten in ganz Europa – insbesondere im Hinblick auf Umwelt, Tierwohl und soziale Verantwortung. Diese Anforderungen würden Mehrkosten verursachen, die nur dann tragbar sind, wenn Produzentinnen und Produzenten faire und kostendeckende Preise erhalten. „Als wir Landwirtinnen und Landwirte eine inflationsangepasste Preisgestaltung gefordert haben, hieß es aus dem Landwirtschaftsministerium, politisches Eingreifen sei nicht möglich. Jetzt plötzlich ist es denkbar – aber gegen uns?“, so die AGÖ weiter. „In einer instabilen Welt brauchen wir mehr Eigenversorgung, nicht weniger. Wer bäuerliche Betriebe schwächt, macht uns abhängig von Importen und gefährdet die Krisenfestigkeit unseres Landes.“

von Torsten Altmann