
Zackig hat er Dekrete aller Art unterzeichnet, reihenweise Andersdenkende gefeuert: Donald Trump erscheint mehr denn je als starker Mann. Eins aber bekommt Trump nicht in den Griff: die steigenden Eierpreise. Schon schöpfen die Demokraten neue Hoffnung. Dreht sich das Thema Teuerung, mit dem Trump bei der Wahl massiv punktete, bald gegen den Präsidenten?
Es war im Sommer 2024. Ganz Amerika litt unter der Inflation. Landauf, landab erschraken Familien an den Supermarktkassen über steigende Preise für Lebensmittel.
Ausgerechnet der Milliardär Donald Trump zeigte sich in diesem Moment überraschend bürgernah. Er folgte einer klugen Taktik. Seinen Präsidentschaftswahlkampf hatte der Republikaner auf zwei Themen mit I konzentriert: „Immigration” (Zuwanderung) und Inflation.
In Sachen Preisanstieg trat Trump auf die Bühne wie eine Art oberster Ankläger der Nation. Links und rechts seines Rednerpults ließ er Waren des täglichen Bedarfs auftürmen. Dann ging er gemeinsam mit dem Publikum genüsslich die Einzelheiten durch. Butter zum Beispiel sei unter Präsident Joe Biden um 30 Prozent teurer geworden. Unglaublich. Sonnenblumenöl sogar um 38 Prozent. Ist das nicht unfassbar?
„Die Lebenshaltungskosten“, urteilt Ökonom David A. Steinberg
von der Johns-Hopkins-Universität, „waren das Schlüsselthema dieses Präsidentschaftswahlkampfs.“ Wie kein anderer Faktor hätten die steigenden Preise unter traditionellen Anhängern der Demokraten „den Enthusiuasmus für Kamala Harris gedämpft“.
Die Vizepräsidentin und frühere Senatorin aus Kalifornien redete im Wahlkampf lieber über andere Themen. Kam die Rede auf die Preise, ließ Harris Pläne vermissen, wie man sie senken könne. Stand ihr der Gedanke im Wege, dass Regierungen in einem marktwirtschaftlichen System redlicherweise an dieser Stelle nicht zu viel versprechen dürfen?
Trump kennt solche Sorgen nicht. Einmal mehr nahm er den Mund zu voll. „Wenn ich gewinne“, tönte der Kandidat allen Ernstes, „werden wir sofort die Preise runterkriegen, und zwar von Tag eins an.“
Inzwischen ist aus Tag eins schon eine zweistellige Zahl von Tagen geworden. Und von Preissenkungen bei Waren des täglichen Bedarfs ist nichts zu sehen, im Gegenteil. Bei vielen Sorten von Obst und Gemüse etwa setzt sich der Aufwärtstrend fort.
Die Preise für Eier fallen besonders auf, sie schossen nach Trumps Wahlsieg so hoch wie noch nie. Für einen Karton mit zwölf Stück werden inzwischen 7 Dollar aufgerufen. Im Januar 2024 lag der Preis noch bei 2,35 Dollar.
Anfangs beschäftigte das Thema Eier in den USA nur die Provinzmedien. Kunden klagten an der Kasse, den Eierkarton in der Hand, vor Kameras und Mikrofonen über die nie da gewesenen Preise. Heimatzeitungen stellten Supermarktgeschäftsführer vor, denen dies alles peinlich ist. In Ohio suchen Spender örtlicher Lebensmitteltafeln nach Alternativen zu den auch aus ihrer Sicht allzu teuer gewordenen Eiern.
Was aber dann? Trump lebe mit dem Risiko, sagen Ökonomen, dass sich die Eierpreise nur als Vorboten weiterer Teuerungswellen erweisen. Dies gelte umso mehr, als Trump soeben mit seinen Zollpänen den Handel mit China sowie mit den Nachbarsstaaten Kanada und Mexiko erschweren wolle. Im Ergebnis drohten Verbrauchern in den USA damit erneut Preissteigerungen.
Auch Russlands starker Mann Wladimir Putin geriet beim Thema Eierpreise schon mehrfach an die Grenzen seiner Macht. Im russischen Staatsfernsehen gab er zur Jahreswende einer Rentnerin sofort recht, die den Präsidenten auf die Eierpreise ansprach. Dies sei „ein Missstand, den die Regierung zu verantworten hat“, sagte Putin. Die nämlich habe „für zu wenig Importe gesorgt“.
Mehr Importe? Für Trump kommt das nicht in Frage. Putins Leute dagegen ließen schon oft, wenn der politisch heikle Eierpreis mal wieder stieg, Millionen Kartons aus der Türkei und aus Aserbaidschan anrollen. Interessanterweise wurden aus diesem Anlass alle Zollvorschriften außer Kraft gesetzt.
von Matthias Koch