Höfesterben beunruhigt Oppositionspolitiker

In der Aktuellen Stunde im österreichischen Bundesrat verteidigt ÖVP-Agrarminister Norbert Totschnig seine Politik.

Ordentlich Kritik für seine Agrarpolitik erntete Bundesagrarminister Nobert Totschnig (ÖVP) bei der aktuellen Stunde im Bundesrat. SPÖ, FPÖ und NEOS zeigten sich insbesondere über das Hofsterben in Österreich besorgt.

Nach Ansicht von Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ/O) bildet der Grüne Bericht die politische Handschrift der ÖVP ab. Bei der Landwirtschaftsförderung gelte seiner Meinung nach das gleiche wie bei der Unternehmensförderung: große Betriebe würden überdurchschnittlich profitieren, was Reisinger als ungerecht wertete. Die Landflucht sieht er als Problem für die Landwirte, schließlich würden damit Konsumenten vor Ort weniger. Um der regionalen Ungleichheit gegenzusteuern habe die SPÖ einen Masterplan für den ländlichen Raum entwickelt, um die Unterschiede zwischen strukturstarken und strukturschwachen Regionen auszugleichen, lieferte Reisinger einen Gegenvorschlag zu den Maßnahmen der Bundesregierung.

SPÖ-Bundesrätin Elisabeth Grossmann meinte analog dazu, dass zwar viel Geld für die Landwirtschaft ausgegeben würde, aber nur Wenige davon etwas hätten. Sie sprach von einer „Verteilungsungerechtigkeit“ und „regionalen Schieflage“. Sie fragte Bundesagrarminister Norbert Totschnig, warum immer mehr Höfe, insbesondere in bergigen Regionen, zum Aufgeben „gezwungen“ seien? Sie sprach sich dafür aus, Agrarpolitik neuzudenken und Aspekte wie Tierschutz oder den Einsatz von Antibiotika und Gentechnik zu hinterfragen.

Nach 30 Jahren ÖVP-Agrarpolitik seien tausende Höfe und Arbeitsplätze in Österreich „zerstört“ worden, meinte FPÖ-Bundesrat Michael Bernard. Er hielt der Bundesregierung diesbezüglich „Bürokratiewahnsinn“, Überwachung und Einschränkungen bei der Produktion von Pflanzenschutzmitteln vor. Importierte Lebensmittel würden nicht dem österreichischen Standard entsprechen, ging er kritisch auf Handelsabkommen mit Nicht-EU-Ländern ein. Mercosur werde das Bauernsterben seiner Meinung nach weiter befördern und die Lebensmittelversorgung gefährden.

Kritisch sieht er auch die Rekordteuerung und den Import von „Billiggetreide“ aus der Ukraine. Die Abhängigkeit von anderen Nationen sei nicht zielführend, meinte auch Bundesrat Markus Steinmaurer (FPÖ). Die Selbstversorgung mit hochqualitativen Lebensmitteln müsse gewährleistet werden, die österreichische Landwirtschaft sei aber leider in einen „Überlebenskampf“ geschlittert. Der Biosektor sei nicht leistbar und die Bundesregierung würde nichts dagegen tun, damit sich nachhaltige Bewirtschaftung lohne. Immerhin müsste ein Großteil der landwirtschaftlichen Betriebe in Nebenbeschäftigung geführt werden. Angesichts der Inflation erwartet sich der FPÖ-Politiker, dass die Bundesregierung die Existenzsorgen der Landwirtinnen und Landwirte ernst nimmt und Handlungen setzt.

Der Wiener Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky (Neos/W) erwartet ein Voranschreiten des „Hofsterbens“. Die Mehreinnahmen würden den stark gestiegenen Betriebskosten gegenüberstehen und es kleinen Betrieben schwerfallen, ein ordentliches Einkommen zu sichern. Für die junge Generation würde es immer weniger attraktiv sein, den elterlichen Hof zu übernehmen, warnte er. Der Bundesrat sieht daher einen „massiven“ Handlungsbedarf bei der gerechteren Verteilung der Erlöse, auch in Wertschöpfungskette.

In der aktuellen Stunde kurz vor Weihnachten stellte Totschnig die Land- und Forstwirtschaft in Österreich als“einzigartig“ dar. Die kleinstrukturierten bäuerlichen Familienbetriebe würden hierzulande nachhaltig, umweltgerecht und höchstwertig die Lebensmittelversorgung sicherstellen. Auch genössen sie höchste Wertschätzung in der Bevölkerung. Seine Ressortarbeit orientierte sich an der ökosozialen Marktwirtschaft mit Fokus auf eine nachhaltig produzierende Landwirtschaft und vitale ländliche Räume, so der ÖVP-Minister. Bäuerinnen und Bauern würden nirgendwo so unterstützt wie in Österreich. Pünktliche Auszahlungen seien ein wichtiges Signal für Planbarkeit und Sicherheit für die Betriebe.

Gegen das Freihandelsabkommen Mercosur habe er sich klar positioniert, entgegnete Totschnig der FPÖ-Kritik. Der Weg für die Regionen soll mit dem Strategieprozess „Vision 2028+“ weitergegangen werden. Die Bundesregierung werde alles tun, um eine positive Zukunft sowie Chancengleichheit in Stadt und Land für die heimische Land- und Forstwirtschaft zu ermöglichen, versicherte Totschnig.

Während die Zahl der Junglandwirte auf EU-Ebene rückläufig ist, sei das in Österreich nicht der Fall, lobte ÖVP-Bundesrat Ferdinand seinen Parteikollegen Totschnig. Als Herausforderungen für die Zukunft der Landwirtschaft nannte Tiefnig das Handelsabkommen Mercosur, den Green Deal, den Bodenverbrauch, die Digitalisierung, die Energiekosten und den Klimawandel, der sich durch Starkregen, Unwetterereignisse und Borkenkäferbefall in den letzten Jahren besonders stark gezeigt habe. Für die Versorgungssicherheit sprach er sich für Recycling von Düngemittel aus. Silvester Gfrerer (ÖVP) stimmt das große Interesse der Jugend an einer landwirtschaftlichen Ausbildung zuversichtlich.

Eine Herausforderung für alle Betriebe seien die Auswirkungen des Klimawandels, so die grüne Bundesrätin Simone Jagl. Das drängendste Thema bei den Bauern sind laut Jagl faire Produktpreise, weil das landwirtschaftliche Einkommen um ein reales Minus von 21 % sinke. Sie warb für den regionalen Einkauf.

Mit Material von Parlamentskorrespondenz Josef Koch