EU-Naturschutzgesetz wird die Landwirtschaft verändern

Im Juli 2023 gab es grünes Licht für den Vorschlag der EU-Kommission zur Wiederherstellung der Natur. Aber: Renaturierung ist keine Enteignung, es braucht Entschädigungen.

In einer entscheidenden Abstimmung hat das Europäische Parlament im Juli 2023 grünes Licht für den Vorschlag der EU-Kommission zur Wiederherstellung der Natur gegeben. Im Mittelpunkt dieses Vorschlags steht Artikel 9, der sich direkt auf die landwirtschaftlichen Ökosysteme bezieht.

Die darin festgelegten Verpflichtungen sind darauf ausgerichtet, landwirtschaftliche Praktiken und Landnutzungsmuster zu verändern. Diese Veränderungen sollen zur Wiederherstellung der Natur beitragen, die biologische Vielfalt erhöhen und letztendlich eine nachhaltigere und widerstandsfähigere Landwirtschaft fördern. Welche Verpflichtungen legt Artikel 9 genau fest?

Zum einen verankert er konkrete Kriterien auf bestimmte Wiederherstellungsmaßnahmen, wodurch drei Kennzahlen verbessert werden sollen: Die Anzahl der Wiesenschmetterlinge, den Gehalt an ­organischem Kohlenstoff in Ackerböden und den Anteil von landwirtschaftlichen Flächen mit vielfältigen Landschaftselementen. Die Verbesserung dieser Kennzahlen soll bis Ende 2030 erreicht und anschließend alle drei Jahre überprüft werden, bis die Ziele erfüllt sind. Ein weiteres spezifisches Ziel besteht darin, die Anzahl der häufigen Feldvogelarten in jedem Mitgliedstaat zu erhöhen. Hierfür wurden Zielwerte für die Jahre 2030, 2040 und 2050 festgelegt.

Des Weiteren beinhaltet Artikel 9 zeitgebundene Zielvorgaben zur Wiederherstellung bestimmter Landtypen, die für das Funktionieren des Ökosystems von besonderer Bedeutung sind. Dazu gehört insbesondere die Wiederherstellung trockengelegter Torfmoorflächen in der Agrarlandschaft.

Es ist zu erwarten, dass die in Artikel 9 festgelegten Verpflichtungen für die Landwirtschaft eine gewisse Anpassung erfordern werden und die bisherigen landwirtschaftlichen Praktiken und Landnutzungsmuster verändert werden müssen. Dabei bleibt es jedoch unklar, inwiefern der Gesetzgeber mit den vorgesehenen Maßnahmen die sichere Lebensmittelversorgung gefährdet.

Für manche Landwirte könnten die strengen Umweltauflagen, wie eine Enteignung erscheinen. Enteignung im formellen Sinn beinhaltet jedoch die zwangsweise Übertragung von Eigentumsrechten, die die geplante EU-Verordnung derzeit nicht vorsieht. Aus juristischer Sicht könnten die Einschränkungen jedoch eine entschädigungs-pflichtige Eigentumsbeschränkung darstellen, die nicht schrankenlos erfolgen darf: Stark betroffene Landwirte könnten daher zumindest für die Einbußen, die sie durch die Einschränkung der Nutzung ihres Eigentums erleiden, entschädigt werden. von Roland Pittner