Hitzewelle bedeutet Stress für Pflanzen und Landwirte

Noch stehendes Getreide könnte notreif werden, Kühe auf der Weide müssen mit Wasser versorgt werden. Die Trockenheit betrifft Soja, Mais, Kürbis und Co. unterschiedlich.

Die Hitzewelle rollt seit einigen Tagen übers Land und setzt auch den Feldfrüchten zu. Im Osten, wie dem Burgenland oder Teilen Niederösterreichs, ist die Getreideernte fast abgeschlossen, ebenso wie in den tiefen Lagen des Westens. Die enorme Hitze hat in diesen Regionen somit keine Auswirkungen mehr auf Kulturen wie Weizen, Roggen, Gerste, Raps etc. „Im Zentralraum Österreichs sind wir mitten in der Ernte und im Westen beginnt diese größtenteils erst. Dort, wo sich die Kulturen noch entwickeln, kann die extreme Hitze dazu führen, dass das Getreide ’notreif‘ wird. Das kann noch zu Qualitäts- und Ertragseinbußen führen“, erklärt der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ), Josef Moosbrugger.

Große Änderungen der bisherigen Schätzungen zur österreichischen Getreideernte erwartet er aber kaum. Auch Bundesminister Norbert Totschnig rechnet derzeit mit einer guten Ernte. Sie liege um 6% über dem Vorjahr und um 3% über dem 5-Jahresdurchschnitt. „Bisher wurden gute Erträge und zufriedenstellende bis hervorragende Qualitäten eingefahren“, heißt es vom Ministerium. Bei Weichweizen werden Erträge leicht über dem Vorjahr von 5 bis 7 t/ha genannt und die Qualität verteilt sich auf etwa 50% Premiumweizen, 25% Qualitätsweizen und 25% Mahlweizen. Die Gerstenerträge von 5 bis 7 t/ha sind etwas unter dem Vorjahresergebnis und die von Raps bei 2,8 bis 3 t/ha. Die Versorgungslage ist weiterhin stabil und die Rohstoffversorgung der Mühlen bis zum Anschluss an die neue Ernte gesichert, so das BML. Die Preise sind allerdings weiterhin hoch.

„Für die Alm- und Weidewirtschaft sind Hitze und Trockenheit eine große Herausforderung. Im späteren Frühjahr hat im Grünland ein schnelles Wachstum stattgefunden, aber bei den aktuellen Extremtemperaturen samt Trockenheit ist das Wachstum sehr reduziert und findet kaum mehr statt. Bestehendes Gras ist kein optimales Futter mehr und die Grasnarbe kann erhebliche Schäden erleiden. Auch gibt es viele Gebiete, in denen keine Zufahrtsmöglichkeiten bestehen und wo die Versorgung der Tiere mit täglichem Waser eine große Herausforderung darstellt. In der Almwirtschaft herrscht somit besondere Anspannung“, berichtet Moosbrugger.

„Die Herbstkulturen, wozu Zuckerrüben, Sojabohnen und Sonnenblumen zählen, haben sich in den meisten Regionen bisher gut entwickelt. C4-Pflanzen wie Mais oder Hirse sind zwar wegen ihres speziellen Stoffwechsels grundsätzlich besser für Trockenheit und Sonne geeignet, die extreme Hitze und Trockenheit bedeuten aber auch für sie Stress. Bei Mais etwa sind auf leichteren Böden, die wenig Wasser speichern können, deutliche Einbußen zu erwarten“, erklärt Moosbrugger.

Temperaturen über 25°C bedeuten Stress und reduzierte Ertragsbildung, Hitze mit 37°C ganz besonders. Auch bei Ölkürbissen oder Kartoffeln können die Blätter durch die Extremtemperaturen geschädigt werden, was zu geringeren Erträgen führt. „Wünschenswert wäre, dass es nach der anrollenden Hitzewelle wieder ausgiebig regnet, vor allem auch, da die Wasserreserven im Boden am Limit sind“, unterstrich Moosbrugger.

An Standorten wie Probstdorf wird Saatgut nicht nur produziert und für die nächste Saison eingelagert, sondern es wird gemeinsam mit anderen österreichischen Züchtern auch an klimafitten Sorten geforscht. Minister Totschnig besuchte den Standort und machte sich ein Bild von der Forschungsarbeit. „Als Landwirtschaftsministerium unterstützen wir dieses Projekt Klimafit mit 600.000 Euro pro Jahr.“ Die Sorten der heimischen Züchter seien optimal an die regionalen Gegebenheiten und österreichischen Standorte angepasst, betont dazu Johann Birschitzky , Obmann-Stellvertreter Saatgut Austria. Umfangreiche Versuchstätigkeit in Österreich sowie in noch heißeren Ländern wie Ungarn oder Kroatien seien die Basis dafür. „Das zertifizierte, amtlich anerkannte ‚Original-Saatgut ‚ garantiert beste Saatgutqualität und Keimfähigkeit sowie ertragsstarke, gesunde und qualitativ hochwertige Sorten und dadurch Feldbestände. Damit leistet die heimische Saatgutwirtschaft einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln“, sagt Birschitzky.

Rund 6.000 Bäuerinnen und Bauern vermehren hierzulande auf 40.000 ha Saatgut unterschiedlichster Kulturarten, davon rund 23% Vermehrungsfläche für Bio-Saatgut. Die Vermehrungsflächen nahmen in den letzten zehn Jahren um 18% zu, 70% der Flächen entfallen auf Getreide inklusive Mais. Die Saatgutwirtschaft beschäftigte 2020 einschließlich Vertrieb circa 700 Personen.