Die Ära der Knappheit beginnt

Nahrungs- und Energiekrise treiben die Preise. Überall fehlen Arbeitskräfte. Experten sehen Knappheit als neuen Megatrend – unter dem das Wachstum leiden wird. Eine Epoche, die unseren Wohlstand über Jahrzehnte mehrte, geht zu Ende. Dieser ist jetzt bedroht.

Energieknappheit, Engpässe bei Lebensmitteln, Mangel an Rohstoffen und Mikrochips – die Welt erlebt derzeit ein Phänomen, das für viele Menschen vollkommen neu ist. Die Preise klettern in die Höhe, die Produktion läuft vielerorts nicht rund, und im Globalen Süden drohen Hungersnöte.

Politiker verweisen auf die Nachwirkungen der Coronapandemie und die Folgen des Krieges in der Ukraine. Tatsächlich aber hat beides eine Krise lediglich beschleunigt, die sich schon vorher abgezeichnet hat.

Diese Situation werde sich auf absehbare Zeit auch nicht nachhaltig bessern, sondern sogar verschärfen, lautet das düstere Szenario. Denn neben den kurzfristigen Auswirkungen neuer Corona-Beschränkungen wie aktuell in China und den weitreichenden Kriegsfolgen führt die Studie mehrere andere Faktoren an, die langfristig die Wachstumsaussichten verschlechtern – gerade auch in Europa.

Denn das Zeitalter der kostengünstigen Produktion sei zu Ende. Knappheit werde deshalb die kommenden Jahrzehnte prägen. Damit drohten auch die Preise hoch zubleiben.

In den vergangenen drei Jahrzehnten herrschten global gesehen äußerst wachstumsfreundliche Rahmenbedingungen. Die Altersstruktur der Weltbevölkerung war mit einem ungewöhnlich hohen Anteil an Erwerbsfähigen günstig.

Jetzt aber kehrten sich diese Wachstumstreiber ins Gegenteil um – und zwar gleichzeitig, wie Bertelsmann-Wirtschaftsexperte Thieß Petersen unterstreicht. Die Alterung der Bevölkerung macht sich in Europa schon bemerkbar und wird in den nächsten Jahren immer mehr zum Problem werden. Anzeige

Eine weitere Erschwernis ist die zunehmende Knappheit an Rohstoffen. Hinzu kommt noch die von vielen Ländern betriebene Klimapolitik, die eine Verteuerung emissionshaltiger Produkte vorsieht. Auch der Transport kostet mehr. Viele der heutigen Geschäftsmodelle lohnen sich dann nicht mehr.

Die Knappheit an Gütern und Dienstleistungen wird auch durch die Deglobalisierung verschärft, die Ökonomen auch schon vor Corona-Zeiten beobachten. Zunehmender Protektionismus, exzessive Subventionierung und geopolitische Spannungen behindern immer stärker den internationalen Handel.

Die Strategie vieler Staaten, ihren eigenen Unternehmen Vorteile auf Kosten der ausländischen Konkurrenten zu verschaffen, führt dazu, dass am Ende alle verlieren. Vor allem China und die USA werden oft als Beispiele für ein solches Foulspiel genannt.

„Außerdem ist die EU in den letzten zehn Jahren zunehmend protektionistisch geworden“, kritisiert der Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO). So setze Brüssel besonders oft „Handelsschutzmaßnahmen“ wie etwa Antidumping-Zölle ein. Und Wirtschaftssanktionen wie aktuell gegen Russland würden auch gegen kleine Länder wie Kambodscha eingesetzt, um das dortige autokratische Regime zu bestrafen.

Quelle: Infografik WELT