Sinkende Betriebszahlen, steigende Anforderungen und Unsicherheit durch internationale Handelskonflikte beuteln derzeit die Schweinebranche im Land.
Die österreichische Schweinehaltung befindet sich in einer Phase tiefgreifender Veränderungen. Während die Zahl der Betriebe seit Jahren rückläufig ist, steigen die Anforderungen an Tierwohl, Umwelt- und Marktstandards stetig. Laut aktueller Viehzählung werden in Österreich rund 2,48 Mio. Schweine gehalten, davon mehr als 40 % in Oberösterreich.
Ein hoher Anteil an selbst erzeugtem Futter reduziert in Oberöstereich die Abhängigkeit von Zukäufen und wirkt sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit der Betriebe aus. „Das steigert das Einkommen und liefert zugleich wertvollen Dünger – ein zentraler Beitrag zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft“, betont Oberösterreichs Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger. Trotzdem blickt die Branche derzeit nicht positiv in die Zukunft.
Mit der Novelle des Tierschutzgesetzes im Mai 2025 wurden neue Haltungsanforderungen beschlossen. Nun braucht es laut Landwirtschaftskammer eine Phase der Stabilität, damit Betriebe wieder investieren. Die Kammer bekenne sich klar zum Tierschutz und zur Weiterentwicklung der Tierhaltung, dies könne aber nur unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Machbarkeit und der Marktbedingungen geschehen.
Waldenberger hofft, dass die Bäuerinnen und Bauern ihre Zurückhaltung, Geld für neue Stallungen in die Hand zu nehmen, aufgeben. Die Landwirtschaftskammer OÖ werde sie weiterhin mit Beratung und Unterstützung begleiten.Neben nationalen Vorgaben belastet auch der internationale Handel die Branche. Durch den von der EU beschlossenen 25 %-Importzoll auf chinesische Autos hat China als Gegenmaßnahme hohe Zölle auf Schweinefleisch aus der EU (20 bis 62 %) verhängt. Gleichzeitig kam die Produktion für Chinaware EU-weit de facto zum Stillstand, was den im Herbst ohnehin reichlich versorgten Schweinefleischmarkt binnen weniger Wochen zum Kippen brachte.
In Österreich sind von dieser Exportproblematik fünf zum China-Export zugelassene Schlachtbetriebe sowie rund 17.000 Schweinehalter betroffen. „Die eingebrochenen Mastschweinepreise wirken sich auf die gesamte Wertschöpfungskette aus“, erklärt Dr. Johann Schlederer, Geschäftsführer des Verbandes der landwirtschaftlichen Veredelungsproduzenten (VLV).
Allein für bereits verschiffte Ware wird der Schaden auf rund 150 Mio. € geschätzt. Schlederer betont, dass die Schweinebauern letztlich die Zeche für politische Handelsentscheidungen zahlen.
Trotz aller Bemühungen um Tierwohl gibt es derzeit keine steigende Nachfrage. Aktuell stammen rund 7 % der Schlachtungen aus Bio- oder Tierwohlprogrammen – vor allem dank des REWE-Projekts „Fair zum Tier“. Nach dessen Auslaufen ist laut Schlederer keine weitere Steigerung im Tierwohlsegment absehbar.
Damit die Tierwohlproduktion wachsen kann, braucht es mehr Nachfrage nach Bio- und Tierwohlfleisch sowie eine klare Kennzeichnung von Herkunft und Haltungsform. Nur so können Betriebe langfristig planen und investieren. Auch Waldenberger appelliert an die Gesellschaft: Wer höhere Standards in der Tierhaltung fordere, dürfe im Supermarkt nicht zum Billigstprodukt greifen. Qualität und Tierwohl müssten auch im Preis sichtbar werden.
Leider wurde durch die jüngste Entscheidung der Fleischwirtschaft und des Handels die Einführung einer Haltungsformenkennzeichnung auf unbestimmte Zeit verschoben. Uneinigkeit zwischen den Handelsketten und die derzeit schwierige Marktlage werden als Argumente für das Scheitern der Initiative genannt. „Die Landwirtschaft ist bereit, Tierwohlschweinefleisch zu produzieren. Die Haltungsformen reichen vom gesetzlichen Mindeststandard über Tierwohl bis hin zu Bio – ebenso vielfältig ist das Interesse der Verbraucher. Deshalb braucht es dringend eine klare Kennzeichnung der Haltungsform, um mehr Fairness für Erzeuger und Konsumenten zu schaffen“, fordert Schlederer. von Roland Pittner
