Energieunabhängig werden – mit Mist in Dänemark – in Österreich fast tot

Dänemarks Energienetz hat den weltweit größten Anteil an Biogas. Schon bald könnte das Land ausgerechnet dank seiner Kühe und Schweine klimaneutral und unabhängig von Gasimporten sein.

Kühe von Peter Høj auf der dänischen Insel Fünen kauen und verdauen – auch für Dänemarks Energiewende. Sein Großvater hat hier in den 1930er Jahren den Milchbetrieb aufgebaut. Heute macht Enkel Peter nicht nur die Milch der Kühe zu Geld, sondern auch das, was hinten rauskommt: Er verkauft Gülle an eine Biogasanlage. „Die Zusammenarbeit mit der Biogasanlage hat vor etwa fünf bis sieben Jahren begonnen“, erzählt der Landwirt. „Die Initiative kam von den Landwirten hier in der Region und der Kommune. Wir haben uns zusammengesetzt. Mit dem Ergebnis, dass sich sehr viele Landwirte an einer gemeinsamen Anlage beteiligen wollten.“

Christian Blenker

Christian BlenkerARD-Studio Stockholm

Damals war klar: Es lohnt sich, denn schon 2012 hatte die dänische Regierung beschlossen, die Produktion von Biogas zu subventionieren. Und so kommt einmal in der Woche ein großer Tanklaster bei Høj vorbei. 38.000 Liter Gülle werden in wenigen Minuten in den Tank gesaugt. Der Landwirt verdient so im Jahr 6000 Euro. Steigt der Gaspreis, bekommt er noch einmal einen Aufschlag. Und das, obwohl er seine wertvolle Gülle eigentlich nur verleiht: „Man kann sagen, dass die Biogasanlage eine Zwischenstation zwischen meinem Stall und meinem Gülle-Lager ist“, erklärt Høj. „Denn ich bekomme sie später wieder in meinen Tank zurück.“ 

Dänemark nutzt Biogas zur Deckung seines Gasbedarfs für die Energiewende

Christian Blenker, ARD Stockholm, Europamagazin

Jetzt fährt der LKW seine Ladung in eine Biogasanlage: In hochhaushohen Tanks werden Gülle, Mist, aber auch Essensreste verarbeitet. Aus dem Schlamm entstehen Gase – insbesondere Methan. Das wird von den Betreibern direkt vor Ort durch eine eigene Leitung in das dänische Gasnetz eingespeist, erklärt Lars Kapersen vom Betreiber Nature Energy: „Wir produzieren grünes Gas im großen Stil. Mit so einer Anlage können wir 20.000 Haushalte versorgen, allein mit der Energie, die wir aus Abfall gewinnen. Man muss also in großen Dimensionen denken.  

Schon jetzt liegt der Biogasanteil am Gesamtmarkt bei 40 Prozent. In zehn Jahren soll er den kompletten Gasbedarf abdecken. Dieses Ziel ist Teil des ehrgeizigen dänischen Klimaplans: Bis 2050 will das Land klimaneutral sein und vollständig auf fossile Energieträger verzichten. Schon heute wird das Gas zur Stromerzeugung oder zum Heizen genutzt.

Ein Tanklastzug holt die Gülle von Peter Højs Milchviehbetrieb ab. | ARD-Studio Stockholm

Peter Højs Milchviehbetrieb verdient auch mit den Abfallprodukten der Tiere Geld. Bild: ARD-Studio Stockholm

„Notwendig, dass wir etwas tun“

Zum Beispiel in Odense, Dänemarks drittgrößter Stadt. An der süddänischen Uni sind Energieexperten wie Henrik Wenzel optimistisch, dass die Energiewende gelingen kann. „Wir setzen in Dänemark auf Solar- und viel auf Windkraft“, sagt er. „Aber wie gewinnen wir Strom, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht bläst? Die Antwort: Gasturbinen, die mit Biogas betrieben werden. Sie sind günstig und lassen sich schnell an- und abschalten.“   

Auf dem Hof von Peter Høj ist der Tanklaster mittlerweile zurückgekommen. Diesmal bringt er die vergorene Gülle von der Biogasanlage zurück, mit der der Bauer nun klimaneutral düngen kann. Denn nach dem Prozess in der Anlage enthält die Gülle kein Kohlendioxid mehr. 

Der Biogas-Kreislauf hat für Bauer Høj viele Vorteile. „In Zukunft werden unsere Produkte daran gemessen, welche Auswirkungen sie für das Klima haben“, sagt er. „Es ist also notwendig, dass wir etwas tun – nicht nur für unser Gewissen der Natur gegenüber, sondern auch, um künftig Produkte zu verkaufen.“ Kein Land produziere mehr Biogas als Dänemark, sagt Høj mit einem gewissen Stolz. Andere Länder könnten also noch einiges von Dänemark lernen.  

Christian Blenker, ARD Stockholm,