Brauchen wir noch Nutztiere?

Diese provokante Frage stellte Prof. Wilhelm Windisch in einem Vortrag. Sein Fazit: Die Produktion von Lebensmitteln ist mit der Haltung von Nutztieren verbunden.

Die Haltung von Nutztieren gerät mit Blick auf Klima, Umwelt und Tierwohl immer mehr in die Kritik und die landwirtschaftliche Nutzfläche sinkt. Können wir uns die Nutztiere also überhaupt noch leisten? Dieser Frage ging Prof. Dr. Windisch vom Lehrstuhl für Tierernährung der Technischen Universität München (TUM) bei einer Veranstaltung der Brancheninitiative „Fokus Fleisch“ zum Thema „Klimawandel und Nutztierhaltung“ nach.

In seinem Vortrag machte er zu Beginn deutlich:

1 kg vegane Lebensmittel erzeugen mindestens 4 kg nicht essbare Biomasse“ – Prof. Dr. Wilhelm Windisch

Beispiele dafür seien Stroh, Zwischenkulturen in der Fruchtfolge oder Nebenprodukte der Verarbeitung (Haferspelzen etc.). In dieser Biomasse seien aber Pflanzennährstoffe gebunden, die zurück in den Kreislauf gehören. Diese Leistung einer nachhaltigen Landwirtschaft erfüllten am besten Nutztiere. Fleisch oder Milch, die alleine mit dem Einsatz von nicht essbarer Biomasse produziert wurden, seien weitestgehend emissions- und klimaneutral.

Allerdings machte Windisch auch deutlich: „Das gilt nur, solange die Tierernährung ausschließlich auf die nicht essbare Biomasse begrenzt ist. Die Nahrungskonkurrenz zum Menschen entsteht mit einer hohen Leistung der Tiere, die den Einsatz von zusätzlichem Energie- und Proteinfutter nötig macht“, so Prof Windisch.

Milcheiweiß und Rindfleisch sind quasi vegane Proteine“ – Prof. Dr. Wilhelm Windisch

Der Wissenschaftler zeigte sich überzeugt: Mit einer Begrenzung der Nutztierfütterung auf die nicht essbare Biomasse und den Verzicht auf exzessiven Anbau von Futtermitteln auf Ackerflächen würden sich automatisch auch die Tierzahlen verringern.

Im Gegensatz zu einer pauschalen Obergrenze für den Tierbesatz fördere eine Begrenzung auf die nicht essbare Biomasse die Innovationskraft der Landwirtschaft in der Effizienz der Transformation der verfügbaren Futtermittel in hochwertige Lebensmittel. Dies führt wiederum zu einer Senkung der Emission bei gleichzeitig mehr Lebensmitteln aus derselben Basisproduktion an pflanzlicher Biomasse.

Fleisch und Vegan: Kein Gegensatz

In diesem Kontext seien „veganen Ersatzprodukte“ kein Gegenpol zu Lebensmitteln tierischer Herkunft, im Gegensatz: Die bei der Herstellung von Hafermilch und Co. anfallenden Nebenprodukte lassen sich als wertvolle Futtermittel nutzen. „Durch die Kombination aus veganen Lebensmitteln und der Nutzung der Nebenprodukte als Futtermittel werden in Summe mehr Lebensmittel für den Menschen gewonnen, als bei ausschließlicher Verwendung als pflanzliches Lebensmittel oder als Futtermittel“, erklärte Windisch.

Die aktuelle Polarisierung von „Fleisch kontra Vegan“ und die pauschale Abwertung von Fleisch und andere Lebensmittel tierischer Herkunft als generelle Umweltbelastung sei völlig überzogen und sachlich unhaltbar. Fazit von Windisch: „Eine nachhaltige Landwirtschaft brauch Pflanzen- und Tierproduktion, um Nährstoffkreisläufe im gesamten Agrarsystem zu erhalten.“