Monat: Oktober 2021

Schluss mit unfairen Geschäftspraktiken

Österreichs bäuerliche Familienbetriebe geraten durch die Übermacht von Handelskonzernen zunehmend unter Druck. Ein wichtiger Schritt, um die Situation für unsere Bäuerinnen und Bauern zu verbessern, ist die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie gegen unfaire Geschäftspraktiken entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette, die Landwirtschaftsministerin Köstinger jetzt auf den Weg bringt.

Der Entwurf des Wettbewerbs- und Nahversorgungsgesetzes wird heute in Begutachtung geschickt. Zudem wird im Landwirtschaftsministerium eine Ombudsstelle für heimische Bäuerinnen, Bauern, Verarbeiter und Produzenten eingerichtet, um einfachen Zugang zu schneller Hilfe gegen unlautere Praktiken zu ermöglichen.

Heute ist ein guter Tag für unsere Bäuerinnen und Bauern! Wir setzen einen Meilenstein im Kampf gegen unfaire Geschäftspraktiken, unter denen die Landwirtschaft leidet. Mit den Gesetzesänderungen und der Einrichtung einer nationalen Ombudsstelle können wir unfairen Geschäftspraktiken endlich einen Riegel vorschieben. Verspätete Zahlungen für verderbliche Waren, Auftragsstornierungen in letzter Minute, einseitige oder rückwirkende Vertragsänderungen, erzwungene Zahlungen des Lieferanten für die Verschwendung von Lebensmitteln und Verweigerung schriftlicher Verträge sind dann verboten“, betont Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger.

2019 haben das Europäische Parlament und der Rat zum ersten Mal eine europaweite gesetzliche Definition verabschiedet, was unlautere Praktiken entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette sind. Jetzt werden die Definitionen der EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt: Damit wird es erstmals einen klaren Rechtsrahmen geben, der auch exekutiert werden kann.

Folgende unfaire Geschäftspraktiken fallen unter den neuen Rechtsrahmen:

  • Zahlungsverzug an den Lieferanten über 30 Tage bei verderblichen sowie über 60 Tage bei anderen Lebensmitteln
  • Kurzfristige Stornierung von Bestellungen verderblicher Lebensmittel
  • Einseitige Änderung der Lieferbedingungen hinsichtlich Häufigkeit, Methode, Ort, Zeitpunkt oder Umfang der Lieferung, Qualitätsstandards, Zahlungsbedingungen oder Preise (auch im Hinblick auf die Erbringung von Dienstleistungen)
  • Verlangen von Zahlungen vom Lieferanten, die nicht im Zusammenhang mit dem Verkauf der Lebensmittel des Lieferanten stehen beziehungsweise Zahlungen für Qualitätsminderung oder den Verlust, die nicht durch Fahrlässigkeit oder Verschulden des Lieferanten verursacht werden.
  • Verweigerung einen schriftlichen Vertrag zu schließen, wenn dies gewünscht ist.
  • Rechtswidriger Erwerb oder Nutzung von Geschäftsgeheimnissen des Lieferanten
  • Androhung oder Ergreifen von Vergeltungsmaßnahmen gegen den Lieferanten, wenn der Lieferant sein Recht durchsetzen möchte
  • Verlangen einer Entschädigung für die Kosten von Kundenbeschwerden im Zusammenhang mit dem Verkauf der Erzeugnisse des Lieferanten

Wenn nicht explizit anders vereinbart, gelten auch diese Praktiken als unlauter:

  • Der Käufer schickt nicht verkaufte Lebensmittel an den Lieferanten zurück, ohne dafür zu bezahlen.
  • Vom Lieferanten wird eine Zahlung dafür verlangt, dass seine Erzeugnisse zum Verkauf angeboten, gelistet oder auf dem Markt gebracht werden.
  • Der Käufer verlangt vom Lieferanten, dass dieser die Kosten für Aktionen und Preisnachlässe (1+1, -25% etc.) trägt.
  • Der Käufer verlangt vom Lieferanten, dass dieser für die Werbungmaßnahmen (Flugblätter, Anzeigen etc.) des Käufers zahlt.
  • Der Käufer verlangt vom Lieferanten, dass dieser für die Vermarktung durch den Käufer zahlt.
  • Der Käufer verlangt vom Lieferanten eine Zahlung für das Personal für die Einrichtung der Räumlichkeiten, in denen die Erzeugnisse des Lieferanten verkauft werden. Zusätzlich wird im Landwirtschaftsministerium eine Ombudsstelle eingerichtet. Betroffene Bauern beziehungsweise Lieferanten können sich – auch anonym – an diese Ombudsstelle wenden. Damit soll es den kleineren Akteuren einfacher möglich sein, Beschwerde einzureichen, ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen haben zu müssen – etwa Auslistungen der Produkte im Handel. Diese Erstanlaufstelle wird unabhängig und weisungsfrei sein. 2022 soll die Erstanlauftselle ihre Arbeit aufnehmen. In jährlichen Berichten wird die Erstanlaufstelle über Anzahl und Arten von unlauteren Praktiken berichten und so zu mehr Transparenz beitragen.

NRW-Landesregierung plant Gesetzesvorstoß zur Zukunft der Nutztierhaltung

Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsministerin Heinen-Esser will den Umbau hin zu mehr Tierwohl erleichtern und fordert von der Branche einen Fleisch-Kodex sowie faire Preise entlang der Kette.

„So begrüßenswert das Ziel ist – wichtig ist, dass Handel und Erzeuger gemeinsam über den Weg dorthin beraten“, sagte die Ministerin. Nur, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, könne der Umbau gelingen. Der Umbau erfordere Zeit und sei kostenintensiv. Landwirte haben derzeit einerseits mit niedrigen Preisen und schwierigen Absatzmärkten und andererseits mit hohen Kosten und Auflagen zu kämpfen, so Heinen-Esser.

Beim Thema Tierwohl will die nordrhein-westfälische Landesregierung weiter vorangehen. Zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung plant NRW-Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser Anfang 2022 einen Gesetzesvorstoß, um den Umbau in den Betrieben zu erleichtern und zu forcieren. Darin sollen Regelungslücken geschlossen sowie baurechtliche Hürden abgebaut werden. Das teilte das Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz in Düsseldorf mit.Ministerin Heinen-Esser will zudem am kommenden Montag (04.Oktober) mit Vertretern aus Landwirtschaft, Einzelhandel und Verbänden über die aktuelle Situation am Schweinemarkt sprechen. Im Mittelpunkt des Austausches sollen die Ankündigungen von Unternehmen des Einzelhandels stehen, bis 2030 nur noch Frischfleisch der Haltungsstufen 3 und 4 verkaufen zu wollen.

Sie fordert die Fleischbranche auf, einen gemeinsamen Kodex zu erarbeiten, in dem die Produktqualität neu definiert und entsprechend honoriert werden soll. „Fleischqualität, die auch durch hohe Tier- und Umweltschutzkriterien definiert ist, muss zum nordrhein-westfälischen Markenzeichen werden“, forderte Heinen-Esser. Ziel müsse sein, die heimische Landwirtschaft zu stärken und zu verhindern, dass Importfleisch mit niedrigeren Haltungsstandards regionale Produkte verdränge.

BASF drosselt Düngerproduktion in Europa – Düngerpreise explodieren

Immer mehr große Düngerhersteller legen Werke still. Dünger wird knapp und die Preise gehen durch die Decke. KAS kosten an den deutschen Importhäfen Anfang Oktober fast 400 Euro je Tonne, der Flüssigdünger AHL wird für 320 Euro verladen und für Harnstoff werden Preise von 600 Euro je Tonne genannt. Ursache für die Kostenexplosion ist die schwerere Energiepreiskrise und explodierende Gaspreise. Auch das von Schlachhöfen und der Lebensmittelwirtschaft benötigte CO2 dürfte immer knapper werden.

Die Preise für Ammoniumnitrat (AN) und Calciumammoniumnitrat (CAN) in Nordwesteuropa haben die Finanzhöchststände von 2007-2008 bereits deutlich überschritten. Die explodierenden Öl- und Gaspreise setzen die Düngemittel- und Chemieproduzenten massiv unter Druck und zerstören gleichzeitig die Nachfrage aus der Landwirtschaft und von anderen Verbrauchern.

Indessen stiegen die Erdgaspreise auf den Schlüsselmärkten in Nordostasien weiter an und erreichte am 29. September erneut einen Rekordwert von über 30,00 USD/MMBtu, berichten Analysten. Händler sagten, dass der Hauptschub von den europäischen Versorgungszentren kam.

Als erster hatten vor zwei Wochen der US-Hersteller CF Industries seine beiden Werke in Großbritannien in Ince und Billingham geschlossen, wobei letzteres aufgrund von finanzieller Unterstützung der britischen Regierung den Betrieb wieder aufnehmen soll, auch um die Schlacht- und Lebensmittelindustrie mit CO2 zu versorgen.

Kurz darauf gab einer weltgrößten Stickstoffdüngerhersteller, nämlich Yara International bekannt, dass man rund 40 Prozent der europäischen Ammoniakproduktionskapazität stilllegen will – wegen der explodierenden Gaspreise die eine rentabele Produktion unmöglich machen. Nun soll Ware aus anderen Werken importiert werden. Billig wird das sicher auch nicht.

Auch Litauens auf den Export ausgerichteter Stickstoffdüngerhersteller Achema hat Pläne zur Wiederinbetriebnahme seiner Ammoniakanlage Ende August abgesagt, nachdem diese turnusmäßig gewartet worden war. Die hohen Produktionskosten führten außerdem auch zu einer teilweisen Einstellung der Ammoniakproduktion im OCI-Sticktoffdünger-Werk Geleen in den Niederlanden.

Das Management des größten spanischen Düngerherstellers Fertiberia  – mit 75 Prozent Marktanteil – will nach Ankündigung der Firmenleitung, die Dünger-Produktion am Standort Palos de la Frontera (Spanien) zum 1. Oktober einstellen. Die Fabrik in Puertollano befindet sich derzeit ähnlich wie Achema Litauen in einer geplanten Stilllegung wegen laufender Instandhaltungsarbeiten.

Auch unserer österreichischer Chemiekonzern und  Düngemittelhersteller Borealis AG hat ebenfalls angekündigt, seine Produktion zu reduzieren und die Situation standortübergreifend weiter zu analysieren. Borealis gehört in Europa zu den Marktführern in der Petrochemie.

Doch nicht nur Europa ist betroffen:  Auch in der Ukraine wird die Produktion von Stickstoffdünger und Harnstoff gedrosselt.  Analysten berichten, dass der Hersteller OPZ am 18. September die Entscheidung getroffen hat, eine Ammoniakleitung und zwei Harnstoffleitungen stillzulegen. Bei fast allen Herstellern wurden keine Termine für die Wiederaufnahme der Produktion genannt und auch kein ein Zeitplan oder gar keine Prognose abgegeben. Ähnlich wie Stilllegung der Werke von CF Industries In England haben die Produktionskürzungen nicht nur Folgen für die Düngerpreise und das Düngerangebot sondern auch für das Angebot an Kohlendioxid (CO2), denn die Ammoniakproduktion ein wichtiger Prozess für die Herstellung von CO2. Ein Mangel an Co2 hat unmittelbare Folgen für die Arbeit der Schlacht- und Lebensmittelindustrie  in Europa.