EU-Schweinefleischerzeugung geht deutlich zurück

Trotz gestiegener Erzeugerpreise wird die Fleischerzeugung in der Europäischen Union in diesem Jahr so deutlich sinken wie selten zuvor; für 2023 ist mit einer weiteren Produktionseinbuße zu rechnen. Davon gehen zumindest die Marktanalysten der Brüsseler Kommission in ihrer aktuellen Herbstprognose aus. Demnach soll die EU-Fleischerzeugung 2022 gegenüber dem Vorjahr um 1,34 Mio. t oder 3,0 % auf 43,0 Mio. t abnehmen und damit so gering ausfallen wie zuletzt 2015. Im kommenden Jahr dürfte der Rückgang dann mit 0,5 % aber spürbar schwächer ausfallen.

Bei allen Fleischarten, mit Ausnahme von Schaf- und Ziegenfleisch, sind geringere Produktionsmengen zu erwarten. Hohe Produktionskosten der Erzeuger, verschlechterte Exportmöglichkeiten, ein nachlassender Verbrauch und die Folgen von Tierseuchen sind laut den Experten die Hauptgründe für die Abnahme der EU-Fleischerzeugung. Im laufenden Jahr dürfte diese bei den Schweinen mit einem Minus von 1,19 Mio. t oder 5,0 % auf knapp 22,43 Mio. t besonders deutlich ausfallen; 2023 soll es um weitere 0,7 % nach unten gehen.

Maßgeblich für das kräftige Minus ist der für dieses Jahr auf rund 10 % geschätzte Einbruch der Schweinefleischerzeugung in Deutschland, an dem laut Kommission die Afrikanische Schweinepest (ASP) mit dem weitgehenden Verlust von Drittlandsmärkten einen größeren Anteil hat. Aber auch in Polen, Belgien, Rumänien und Italien ist 2022 mit deutlich weniger Schweinefleisch zu rechnen, während die Erzeugung in Spanien um 1,6 % zulegen soll, damit allerdings langsamer als in den Vorjahren.

Deutliche Bremsspuren wird es laut der EU-Kommission beim Export geben. Bei den EU-Fleischexporten wird ein Minus von 11,4 % erwartet. Dafür ist vor allem der voraussichtlich um 17 % geringere Absatz von Schweinefleisch in Drittländern, verursacht durch die Kaufzurückhaltung des wichtigsten Kunden China, verantwortlich. Bei Geflügelfleisch soll der internationale Verkauf aus der EU 2022 im Vorjahresvergleich um 2,2 % abnehmen, auch weil die EU-Ware aufgrund der gestiegenen Preise weniger wettbewerbsfähig am Weltmarkt ist. Die Lieferungen in das Vereinigte Königreich sollen nach der Brexit-Delle jedoch wieder um rund ein Fünftel zunehmen; ähnliches gilt für Rindfleisch.

Auf der anderen Seite ist 2022 mit einem deutlichen Anstieg der EU-Fleischimporte zu rechnen; diese sollen im Vorjahresvergleich um 315.000 t oder gut ein Viertel auf fast 1,54 t zunehmen. Vor allem mehr Rind- und Geflügelfleisch aus Drittländern gelangt auf den Binnenmarkt, wobei Brasilien eine führende Rolle einnimmt. Neben der geringeren Eigenproduktion nennt die Kommission auch den wieder gestiegenen Fleischbedarf des Foodsektors nach dem Ende der Corona-Maßnahmen als Grund für die höhere Einfuhrmenge. Für 2023 erwarten die Brüsseler Analysten einen weiteren Anstieg der EU-Fleischimporte um gut 7 % auf 1,65 Mio. t.

Die höheren Einfuhren im Zusammenspiel mit den gedrosselten Exporten werden in diesem Jahr in punkto Marktversorgung die rückläufige Erzeugung größtenteils ausgleichen. Den Gesamtverbrauch an Fleisch sieht die Kommission – trotz hoher Verbraucherpreise und schwindender Kaufkraft – im Vergleich zu 2021 nur um 0,5 % sinken, was ausschließlich am um rund 2 % geringeren Verzehr von Schweinefleisch liegt. Bei den anderen Fleischarten werden sogar leichte Zugewinne prognostiziert. Im kommenden Jahr soll das Verbrauchsniveau stabil bleiben. Das ist der wachsenden EU-Bevölkerung zu verdanken, denn der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch soll laut Prognose von 68,1 kg im Jahr 2021 auf 66,9 kg im Jahr 2023 abnehmen. Der Selbstversorgunggrad für Fleisch würde dann von 117 % auf 114 % sinken.

Agra Europe (AgE)