Wird die Inflation womöglich länger bleibt als gedacht

Lange sah es so aus, als stiegen die Inflationsraten nur vorübergehend an, doch inzwischen scheint klar: Verbraucher und Unternehmen müssen sich auch längerfristig auf höhere Preise einstellen. Unter Zugzwang gerät dadurch allmählich die EZB.

Langfristig fahren wir sicher gegen die Wand“, sagt Carl Icahn. „Ich glaube wirklich, es wird eine Krise geben angesichts der Art und Weise, wie wir Geld drucken, wie wir in die Inflation gehen.“ Icahn (85) ist als aktivistischer Investor seit Jahrzehnten im Finanzgeschäft, ein Urgestein der Wall Street. „Wenn sie sich umschauen, sehen sie überall Inflation“, sagte er kürzlich in einem Interview mit dem US-Sender CNBC weiter. „Ich weiß nicht, wie wir damit langfristig fertig werden wollen.“

Mit seinen Sorgen ist Icahn nicht allein. Lange herrschte am Finanzmarkt und unter Ökonomen die Meinung vor, der aktuelle Anstieg der Inflationsraten sei lediglich ein vorübergehendes Phänomen – doch diese Einschätzung teilen immer weniger. Denn die Gründe, die die Preise aktuell steigen lassen, verschwinden womöglich doch nicht so schnell wieder von der Bildfläche, wie gedacht. Und schlimmer noch: Es könnten weitere Preistreiber hinzukommen.

Selbst in Notenbanken findet vor dem Hintergrund inzwischen offenbar ein Umdenken statt. Lange weigerten sich die wichtigsten Zinswächter der Welt, auf die Preissteigerungen zu reagieren. Inzwischen haben jedoch sowohl die US-Notenbank Fed als auch die Bank of England bereits eine Abkehr von ihrer besonders lockeren Geldpolitik in Aussicht gestellt. Von der Europäischen Zentralbank (EZB) fehlt zwar offiziell noch ein solches Zeichen des Einlenkens. EZB-Direktorin Isabel Schnabel (50) ließ aber zuletzt erkennen, dass auch in Frankfurt die Inflation inzwischen offenbar ernster genommen wird.

Die Frage, wie lange Konsumenten mit stärkeren Preisanstiegen rechnen müssen, lenkt den Blick auf die Ursachen der Inflation. Ausgelöst wurden die aktuell starken Preisanstiege augenscheinlich vor allem durch einmalige Effekte im Ausklang Corona-Krise wie eine besonders starke Konsumnachfrage, hohe Energiepreise sowie – hierzulande – den Wegfall von Mehrwertsteuererleichterungen. In Deutschland ist die Inflationsrate durch diese Einflüsse im September auf 4,1 Prozent gestiegen, sie lag damit erstmals seit knapp 28 Jahren wieder über der Vier-Prozent-Marke. Im Euro-Raum stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 3,4 Prozent. Höher war die Teuerungsrate zuletzt im September 2008.

Inzwischen zeigt sich jedoch: Viele Einflüsse, die die Preise nach oben treiben, werden kaum so schnell wieder verschwinden. Ein Beispiel sind die Rohstoffpreise, die in den vergangenen Monaten nahezu durch die Bank deutlich nach oben gegangen sind. Allen voran: Die Ölpreise, die einen besonders großen Einfluss auf das Preisniveau in vielen Bereichen der Wirtschaft haben. Kostete ein Barrel (ein 159-Liter-Fass) der Nordseesorte Brent beispielsweise vor einem Jahr noch etwa 37 Dollar, so sind es inzwischen mehr als 84 Dollar. Ein Plus von mehr als 100 Prozent also – und ein Ende des Preisanstiegs scheint bislang kaum absehbar.

Laut der Prognose des IWF, die im Oktober 2021 veröffentlicht wurde, werden die Verbraucherpreise in Österreich im Jahr 2021 voraussichtlich um 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen. Für 2022 wird eine leicht schwächere Teuerung von 2,4 Prozent erwartet.